22 September 2025
Das war der Transalpinerun 2025! Ein Resümee von Sandra
Was für eine Woche…. Irgendwie ist es noch immer kaum fassbar, obwohl ich nun schon eine Woche hatte, um meine Gedanken und Erfahrungen zu sortieren. Aber fangen wir einfach mal von vorne an ;)
Wir kamen also in Lech am Arlberg an – im strömenden Regen und mit Blick auf die Berge der Lechtaler Alpen – im Schnee!! Obwohl man in den Bergen ja immer mit Schnee rechnen muss (zumal bereits Anfang September war), hatten wir das so irgendwie gar nicht auf dem Schirm… Die Folge war dann auch eine leicht angepasste Strecke für die erste Etappe – auf dem Pass lag einfach zu viel Schnee. Beim Start war es eisekalt und wir bibberten dem Startschuss entgegen. Natürlich wurde es beim Laufen besser und wir waren auf Grund der extrem aufgeweichten und rutschigen Wege doch recht froh, nicht komplett über den Sattel rennen zu müssen. Downhill war dann mein großes Problem mit den Einschränkungen durch die MS – ich kam kaum den Berg runter, obwohl wir bergauf so gut zurecht kamen. Trotzdem beendeten wir die Etappe mit einem unerwarteten ersten Platz. Klar, am ersten Tag spart man sich natürlich die Kräfte…
Tag 2 wurde dann auf der Originalstrecke gelaufen – bergauf lief es relativ reibungslos, bergab wurde es immer schlimmer. Meine Beine wollten so gar nicht das machen, was ich gerne hätte und es war mehr Kampf als Laufen. Somit endete der Tag mit einem 3. Platz, womit wir immer noch mehr als zufrieden waren – schließlich war unser Ziel, meinen maroden Körper überhaupt bis zum Reschensee zu bringen.
Leider hatte ich nach dieser Etappe bereits zusätzlich zu den körperlichen Einschränkungen auch mental sehr zu kämpfen, da ich wusste, dass ich unser Team extrem bremse und mir das schwer zu schaffen machte. Und das kurz vor der Königsetappe…. Diese kam dann an Tag 3. Wir mussten um 4.00 Uhr aufstehen um mit dem Shuttlebus zum Start zu kommen. Dort wurden wir dann um 5.00 Uhr abgeliefert – eine volle Stunde vor dem Start, in der wir uns dann im Vorraum einer Bankfiliale aufwärmen konnten. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob ich diese Etappe wirklich schaffen kann, die mentale Verfassung hat mir sämtliche Energie genommen. Aber wir liefen los. Und wir liefen und liefen – bis wir auf ca. 2400m Höhe angekommen sind. Dort fing ich allmählich an, unsauber zu laufen und mich nicht mehr koordinieren zu können. Isa war sofort alarmiert und wollte mich direkt bei der Medical Crew abgeben und somit das Rennen für mich beenden. Sie hatte allerdings nicht mit meinem Dickschädel gerechnet. Natürlich wusste ich aus Erfahrung, wie mein Körper ab etwa 2000m Höhe reagiert und wie ich damit umgehen muss. Ich packte also die Stöcke weg, nahm ein Koffeingel und wir kamen über den höchsten Punkt – Handschlag mit dem Streckenchef und weiter gings in den Downhill. Natürlich auch wieder nur mit angezogener Handbremse, aber mit jedem Meter, den wir weiter runter gekommen sind, lief es zumindest vom Herz-Kreislaufsystem her wieder besser. Nur die Beine wollten nach wie vor nicht das machen, was sie sollten… Also schickte ich Isa voraus, damit wenigstens sie ein bisschen Spaß an den Downhills hat. Das war eine gute Sache – ich hatte weniger Druck und sie hatte nicht mehr das Gefühl andauernd auf mich achten zu müssen. Und so schafften wir auch diese Etappe mit knapp 50km und 3300 Höhenmetern im Aufstieg! Den 3. Platz gesamt hatten wir weiterhin verteidigt (unbewusst).
Tag 4 war dann der Gamechanger – der Bergsprint! 1100 Höhenmeter auf 9 km bei strömendem Regen, extremen Windchill und Eiseskälte im Ziel an der Bergstation. Aber es ging nur bergauf! Kein Struggle mit den Beinen – perfekt! Nur das Wetter war grenzwertig. Isa lief vor und ließ einfach krachen, ich lief gegen den Erfrierungstod :-D
Ergebnis: Wir crashten diese Etappe und sicherten uns den 1. Platz. Und irgendwie war dann der Knoten geplatzt. Es machte mir wieder Spaß, das Gefühl in den Beinen kam zumindest zum Teil zurück und als dann noch die Info kam, dass die Etappe am nächsten Tag nicht in der geplanten Form gelaufen werden kann, waren wir beide guter Dinge.
Tag 5 war dann eine Wohlfühletappe – zwar regnete es in Strömen, aber die Strecke war auf 15km mit 750 Höhenmetern verkürzt. Und das in weitgehend heimatähnlichem Gelände! Wir liefen und liefen und hatten richtig Spaß – und erreichten das Ziel wieder auf dem ersten Platz. Aber natürlich standen noch die zwei letzten Etappen bevor – und beide hatten es wirklich in sich! Unser Ziel war daher nach wie vor – irgendwie ins Ziel kommen!
Also auf zur 6. Etappe – im schönen Engadin liefen wir erstmal 1200 Höhenmeter am Stück nach oben – teils gefühlt weglos, mit den Händen und meinen gewohnten Problemen in der Höhe. Die wir aber erfahrungsgemäß dann doch recht gut managen konnten. Bergab laufen bereitete mir weiterhin Probleme und ich war zwischendurch ziemlich mies gelaunt – die Laune bekam dann erstmal Isa ab, als sie mit meinem Studentenfutter von der VP zu schnell voraus gelaufen ist (sorry nochmal) – und dann eine Herde Kühe, die sich mitten auf dem Weg großflächig breit gemacht hatten. Aber die konnten glaube ich ganz gut damit umgehen 😉 Wir liefen in Scuol ein und wurden von meiner schweizer Verwandtschaft inklusive Fan-Schild empfangen! Mega!!! Und dort erfuhren wir dann, dass wir uns völlig unbewusst auf den 2. Gesamtplatz vorgearbeitet hatten. Somit trennten uns nun 7 Minuten auf die beiden kanadischen Salomon-Athletinnen, die ihren Sport übrigens beruflich betreiben.
Beim Streckenbriefing für die letzte Etappe wurde uns gesagt, dass zwar der extremste Anstieg bis zum höchsten Punkt des gesamten TAR vor uns liegt (1800 hm am Stück), aber der anschließende Downhill gut laufbar wäre. Das lies bei mir die geheime Hoffnung wachsen, dass wir vielleicht wenigstens die letzte Etappe nochmal gewinnen könnten. Einfach, weil es schön wäre, als erstes Team am Reschensee einzulaufen. Ich zog den Uphill komplett durch – trotz Regen und Windböen und Isa hatte dieses Mal tatsächlich zu ackern, um an mir dran zu bleiben. Die Höhenprobleme gut im Griff kamen wir endlich am höchsten Punkt an um in den Downhill zu starten – der alles andere als „gut laufbar“ war. Eine fluchende Sandra eierte über die Felsen und arbeitete sich Meter für Meter nach unten. Zumindest aber in einem Tempo, das auch für Isa passte. Die Kanadierinnen holten uns wie immer im Downhill ein – allerdings dieses Mal erst unerwartet spät. Das allein war für mich schon etwas super schönes – weil das bedeutete, dass es auf jeden Fall auch realistisch besser lief als an den ersten 3 Tagen. Ein paar andere Teams klopften uns ab und meinten, sie hätten sich so sehr gewünscht, dass wir diese Etappe noch gewinnen können. Aber wir waren völlig fein damit, da uns nun so langsam bewusst wurde, dass wir das Ziel tatsächlich erreichen könnten. Wir trauten uns nur noch nicht, das auch auszusprechen. Ein paar Kilometer hatten wir ja noch vor uns.
Das Gelände verändert sich und plötzlich liefen wir wie auf einer Autobahn. Wir überholten und waren richtig im Flow, als zwei Mädels im Salomon-Outfit vor uns auftauchten. Wir sahen uns ungläubig an – und überholten die beiden Kanadierinnen! 11 Kilometer vor dem Ziel. Wir feuerten uns kurz gegenseitig an (die zwei waren übrigens super sympathisch) und liefen in den nächsten Downhill direkt zum Ufer des Reschensees. Es folgten 6 Kilometer flach am See entlang – eine muskuläre Katastrophe nach den vielen Höhenmetern und wir kämpften uns weiter durch. Isa meinte dann, sie hätte eine Überraschung im Ziel für mich – ich freute mich somit auf ein Stück veganen glutenfreien Erdbeerkuchen – den hatte ich mir nämlich gewünscht, als ich ihn auf der 5. Etappe nicht an der VP essen konnte. Auf dem letzten Kilometer klingelte das Telefon – der BR wollte in Interview – den vertröstete ich mit den Worten: Wir sind gerade im Zielsprint!!
Und dann kam das Ziel – die erste Überraschung stand schon vor dem Ziel – meine Freundin, die mich bereits bei meiner Herz-OP begleitet hatte stand dort. Das war also die Überraschung? Ich hatte Gänsehaut! Und dann liefen wir durch´s Ziel - wo uns meine Eltern mit einem großen Schild und Janosch empfingen! Das war dann die zweite Überraschung! Gut, es gab keinen Kuchen, aber das war natürlich viel besser! Von mir fiel mit einem Mal alles ab – wir haben es geschafft und sogar diese letzte Etappe noch gewonnen! Mir zog es kurz die Füße weg und ich suchte mir schnellstens einen Stuhl. Das musste erstmal bei mir ankommen. Und dann kam die Durchsage – „Das Team Heart on Trails“ ist Gesamt-Sieger in der Master Women Kategorie! Wir sollten doch bitte nochmal mit Zielband für die Presse einlaufen! Wir waren fassungslos. Aus „einfach nur ankommen“ wurde der 1. Platz beim Transalpine Run! Damit hätte niemand gerechnet.
Und noch dazu – trotz der ganzen Einschränkungen und Probleme kamen wir beide gesund und ohne jegliche Verletzungen im Ziel an! Wir waren noch ein Stück weiter zusammen gewachsen und haben uns glaube ich von so vielen unterschiedlichen Seiten kennen gelernt, wie man einen Menschen nur selten kennt. Auch meiner Familie, Freunden und allen, die an uns gedacht haben, bin ich so unglaublich dankbar für die Unterstützung und dafür, dass sie immer an uns geglaubt haben.
Ein ganz dickes Dankeschön geht raus an das Team von Plan B, die es einfach drauf haben, solche Veranstaltungen so zu organisieren, dass man sich immer gut aufgehoben fühlt. Und natürlich an Dynafit, die uns die Teilnahme ermöglicht und uns so mega unterstützt haben. Nicht unerwähnt bleiben soll MNSTRY, die uns mit der nötigen Energie versorgt haben (die wir auch super gut vertragen haben) und allen, die unser Projekt mit Spenden und Co. unterstützt haben! Bitte nicht damit aufhören – wir sind weiterhin auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um die Stelle in der Uniklinik zu finanzieren. Auch nach dem Transalpine Run wird es für das Team Heart on Trails weiter gehen! Wir sind bereits in die Planungen eingestiegen, Ihr dürft also gespannt sein.
Jetzt liegt der Fokus allerdings erstmal in der Regeneration und im Sortieren der Erlebnisse. Stay Tuned!
Und zur Sicherheit noch ein Hinweis: Bitte macht so etwas nicht nach, nur weil ich das gemacht habe. Ich wurde in der Vorbereitung sehr genau überwacht, habe jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Trailrunning und Ultratrails und kenne meinen Körper und seine Signale ganz genau. Sport ist auf jeden Fall eine sehr sehr gute und hilfreiche Sache, die absolut zu empfehlen ist – aber auf jeden individuell zugeschnitten und nicht ohne Sinn und Verstand!